Das große Glück Deutschlands
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- vor 6 Stunden
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Sind Sie nicht auch über die Maßen vom neuen und besten Deutschland aller Zeiten beglückt?

Erkennen nicht auch Sie – ebenso wie viele andere beschwingt-stimmungsvolle, durch und durch wohlgelaunte, sich in Wohnhaft befindliche Benediktionsempfänger –, welche großartigen Segnungen das Schicksal den deutschsprachigen Bürgen des vereinigten Wirtschaftsraums kontinuierlich zuteil werden lässt? Hosianna und noch einmal Hosianna!
Wir leben in einem vormaligen Staat, in dem Nichts mehr mit Nichts zu tun hat und in dem Nichts von Nichts kommt! Deutschlands intelligenteste Wähler haben entschieden: Germanistan bekommt jetzt eine erstklassige politische Führung in Form der wunderbarsten und mephistophelischen Koalition, des nächsten rotschwarzen (eigentlich grün-braunen, aber das muss das Stimmvieh ja nicht wissen!) Regierungsbündnisses.
In freudiger Erwartung der besten Regierung der Neuzeit
Endlich eine Regierung der massiven Steuersenkungen, der deutlichen Reduzierung der Ein- und Zudringlingszahlen, des unvergleichbaren Wirtschaftsbooms und der astronomischen Lohn- und Rentenerhöhungen! Bösartige Dauernörgler wiederholen zwar ständig Kassandra-Warnungen dahingehend, dass die kommunale Ebene kein Geld mehr habe, weil die Gewerbesteuer wegbreche, man personell und logistisch mit dem Aufspannen der sozialen Hängematte für Prekariatsmillionen aus allen Gülletümpeln dieser Welt überfordert sei, sich der Zustand von Straßen und Brücken in puncto Qualität und Belastbarkeit jener von unbefestigten Dschungelpfaden in ostbengalischen Gestaden annähere, und für Krankenhäuser und Pflege auch kein Geld übrig mehr sei.
Doch solcherlei Schwarzmalerei kann man getrost zurückweisen: Nichts hat mit Nichts zu tun und Nichts kommt von Nichts! Deutschland ist auf Kurs und die Losung lautet “Weiter so”!
Sichere Straßen und Parks
Gut, schön, eingeräumt: Nachts sollte man die Innenstädte meiden. Parks sind ab Sonnenuntergang No-Go-Areas genauso wie Waldwege, die man zum Joggen nutzen könnte. Hin und wieder liegt ein junger Mann mit glasigen Augen und einem Messer im Hals in irgendeiner Fußgängerzone oder einem Park in der Gegend rum – aber daran kann man sich gewöhnen.
Ab und an verbeißt sich auch ein Westasiate in einen provokant in der Gegend herumstehenden Deutschen, oder ein aufgebrachter Dönerbudenkunde trägt seine Einwände bezüglich der Qualität der angebotenen Speisen mit der Machete vor. Aber sonst ist doch alles in Butter in diesem unserem Lande!
Junge Frauen werden immer häufiger zu “Erlebenden” (beziehungsweise, korrekt gegendert, “Erlebendinnenden_in”, und ab und zu zerlegen studierende Qualitätsgäste der Kategorie Triple-A den einen oder anderen Uni-Hörsaal, da sie sich und ihre Anliegen nicht ausreichend gewürdigt sehen; aber es gilt: “Gehen Sie bitte weiter, es gibt hier nichts zu sehen!”. Nichts hat mit Nichts zu tun und Nichts kommt von Nichts – das war immer so und wird auch immer so bleiben.
Funktionierende Sozialsysteme und Krankenversorgung
Manche mißgünstige Zeitgenossen unken, dass das Geld für die Rente nicht mehr da sei wegen der leeren Rentenkassen, dass die Rente mit 63 ein großer Fehler sei, dass man in Zukunft sowieso erst mit 78 in Rente gehen dürfe und dann das Rentenniveau bei maximal 40 Prozent des durchschnittlichen Einkommens eingefroren werden müsse.
Paperlapapp! Heutige Rentner sind glücklich, ihren Anteil an der Stabilität Deutschland leisten zu dürfen, und nehmen gerne erfreuliche Kürzungen ihrer Rente mit Stichtag 1. April 2025 wegen höherer Sozialkosten in Kauf. Lebhaft heiter wird dieser Personenkreis auch eine weitere Erhöhung der Krankenkassenbeiträge ab 1. Juni 2025 mittragen.
Schließlich gilt es Millionen über Millionen Unterstützungsbedürftiger, die noch nie in die Sicherungssysteme des Sozialstaates eingezahlt haben, gut und umfassend zu versorgen – und ein neues Gebiss kostet das Sozialamt und die Krankenkassen nun einmal etwas Geld.
Außerdem ist es richtig und gutmenschlich, ankommenden Transferleistungsempfängern eine auskömmliche Rente zukommen zu lassen. Ansonsten hat beim Ausrauben der öffentlichen Kassen durch Politik, Asylindustrie, karitative Geldstaubsauger und begünstigte Bedürftige das Bedeutung, was immer schon Bedeutung hatte: Nichts hat mit Nichts zu tun und Nichts kommt von Nichts – das war immer so und wird auch immer so bleiben.
Leistungsträger müssen gut bezahlt werden
Unsere Mandatsträger, sei es in Berlin oder in Brüssel oder Straßburg – leisten sich auf unsere Kosten ein sehr spezielles Verständnis der Demokratie. Beispielsweise verdienen Abgeordnete des Europaparlaments etwa 9.400 Euro im Monat, dürfen Erster Klasse fliegen und Bahn fahren und bekommen für jeden Sitzungstag in Belgien oder Frankreich nochmal 340 Euro Spesen.
Ebenfalls und völlig zu Recht erhalten diese Maximalleister zudem eine “Allgemeine Kostenvergütung” von bis zu 4.800 Euro monatlich. Gerne werden dann regelmäßig diese Bezüge auch noch erhöht, um die allgemeine Inflation, unter der auch Politiker leiden, abzufedern. Die Rentnerin, die nach 40 Berufsjahren und der Erziehung von drei Kindern noch auf die Mindestrente aufstocken muss, bekommt schließlich auch regelmäßige und maßvolle Rentenerhöhungen!
Summa summarum: Es ist alles gut in Deutschland. Bitte weitergehen, bitte nicht stehenbleiben, bitte nicht genau hinsehen, da es sowieso nichts zu sehen gibt! Kurt Tucholsky kommentiere schon vor fast 100 Jahren das staatliche Endstadium, in dem sich die betreute Republik Deutschistan seit einiger Zeit befindet: “Auf dem Schiff der neuen Zeit, auf dem Schiff der Zukunft seid ihr Soldaten! Ihr Matrosen! Ihr – die grauen Arbeitslosen!”
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